Presseanfrage

An das Eisenbahn-Zentralamt
– Güterwagenkartei –
Hallesches Ufer 35/36
Berlin SW 61

10. Februar 2014

Sehr geehrte Herrschaften,

ein Anwohner des Bahnhofs Stedeleben machte uns auf zwei Waggons aufmerksam, mit welchen im Wechsel regelmäßig Steinkohle bei der hiesigen Lokomotiv-Einsatzstelle angeliefert werde. Diese, so seine Vermutung, dürften nach Maßgabe der einschlägigen Fachliteratur in diesem Zustande gar nicht existieren. Unsere Redaktion möchte dieser Frage auf den Grund gehen und beruft sich hierbei auf die Zuständigkeit Ihres Amtes gemäß §2 (2) der Güterwagenvorschriften (GWV).

§2 (2) „Die Dienststellen richten Anfragen über Bauart (Ladefläche usw.) an die Güterwagenkartei des Eisenbahn-Zentralamts in Berlin, Hallesches Ufer 35/36.“

Im einzelnen handelt es sich um zwei offene Kohlenwagen mit und ohne Bremshaus, die noch mit den veralteten Diamond-Drehgestellen ausgerüstet sind.

Die RBD Breslau gab vor längerer Zeit anläßlich der musealen Aufarbeitung solch eines Waggons öffentlich zur Kenntnis, es handele sich um einen „OOk sächsischer Bauart“ und verbreitete:

„Auch das Königreich Sachsen beschaffte wie die anderen Länderbahnen versuchsweise offene vierachsige Güterwagen. Im Gegensatz zu Preußen, das gleich 200 Exemplare bauen ließ, bestellte die sächsische Staatsbahn nur 10 Fahrzeuge. Auch mit denen kam der Betrieb nicht zurecht, so daß die verbliebenen sechs Wagen ab 1903 zu Plattformwagen umgebaut wurden.“

Dieses ist vor allem in der Hinsicht irritierend, daß nun fast 30 Jahre später solche Waggons in Stedeleben auftauchen. Liegt es im Bereich des Möglichen, daß doch nicht alle zu Plattformwagen umgebaut worden sind, sondern nur vier der seinerzeit verbliebenen sechs Fahrzeuge, und daß dieselben 1920 sogar noch in den Bestand der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft übernommen wurden?

Andererseits sind die Wagen mit dem Gattungszeichen „OOk“ versehen. „OO“ bezeichnet jedoch den gültigen Güterwagenvorschriften der DRG zufolge „vier- oder mehrachsige Kohlenwagen mit mindestens 30 t Ladegewicht, Wänden von mehr als 40 cm Höhe und Einrichtung zum Kippen“. Letztere sind an den besagten Waggons jedoch augenscheinlich entfernt worden, da Wagen dieser Auslegung untauglich für den Einsatz auf den üblichen Standard-Kippanlagen gewesen seien. Das ihr einstiges Vorhandensein anzeigende Nebengattungszeichen „k“ wurde nach unseren Recherchen zudem 1920 mit einem neuen Inhalt versehen und ist seither „bedeckten Güterwagen mit Kühleinrichtung (Kühlwagen)“ sowie „zwei- oder dreiachsigen Schienenwagen mit einer Ladelänge unter 13 m“ vorbehalten.

Liegt also folglich ein grober Anschriftsfehler vor? Alle weiteren Bezeichnungen am Wagenkasten scheinen in ihrer Anbringung jedenfalls den gültigen Vorschriften zu entsprechen, insbesondere das Höchstladegewicht von 30 Tonnen als Kreis-„Figur in weißer Farbe mit doppeltem schwarzen Rande und eingeschriebener Tonnenzahl“ sowie das laut GWV möglichst in Augenhöhe über Schienenoberkante anzubringende „Transitzeichen“.

Wir bitten im Sinne unserer interessierten Leserschaft freundlichst um Aufklärung und bedanken uns im voraus!