Handwerk hat hölzernen Boden

14. April 2014 / Eigenbericht. Gelegentlich hat Ihnen Ihr Kreisbote schon Einblicke ins lokale Wirtschaftsgeschehen gegeben. Diesmal stellt die Schriftleitung in einer kleinen Bildreportage die Stellmacher-Meisterin Trude Nabenfett vor, die ihre Werkstatt im Südteil der alten Stedelebener Bekohlung eingerichtet hat.

Trude Nabenfett ist eine resolute Frau und führt Ihre Firma mit strenger Hand „Wenn Sie als Frau in diesem Geschäft bestehen wollen, müssen Sie besser sein als die Kerle“, sagt sie, und man glaubt es sofort. Wenn sie auf den Fingern pfeift, eilen sofort zwei Gesellen heran, um Anweisungen entgegenzunehmen. „Die tanzen mir sonst auf der Nase rum, wenn ich zu freundlich bin.“

Einer der Gesellen ist ihr Sohn Albert. „Das überlege ich mir noch, ob er mal die Firma übernimmt. Der ist zu nachsichtig mit den Kunden, da kommt man auf keinen grünen Zweig.“ Und schon steht sie wieder vor der Rampe ihrer Stellmacherei und packt selbst zu. Rasch hat sie zwischen all den umherstehenden Aufträgen ein eben gerichtetes großes Wagenrad für den Bauern Reckleben herausgesucht. Albert wuchtet es mit ihr gemeinsam auf den Einachser. „Ach, der Wagen ist eine Erinnerung an meinen seligen Mann. Der war sein Gesellenstück.“

Was sie zuletzt selbst gebaut habe? „Fast alles hier. Da vorne zum Beispiel die Karre, auf der das Leimfaß liegt." Mit kundigem Griff lädt sie es ab. "Die ist übriggeblieben von einem Auftrag für Elbschiffer, die mit ihren Kähnen Ziegel nach Berlin transportieren. Die Schifferfrauen löschen mit solchen Karren die Ladung. Schwerstarbeit ist das, die ich nicht machen möchte!“ Die kleine Schubkarre hat Albert Nabenfett gerade gezimmert. Angeblich hat eine Blumenfrau sie bestellt.

„Dieser verdammte Bengel!“ zischt die Inhaberin plötzlich. „Karl-Heinz!? Wo steckt der bloß wieder? Seit der bei uns in der Lehre ist, liegt überall Werkzeug rum. Jetzt steht dort auf der Rampe mal wieder die Säge. Wenn sein Hintern nicht angewachsen wäre, würde der den auch rumliegen lassen.“ Dann fällt ihr ein, daß sie ihn selbst zu Paul Ritzenfitz geschickt hat, dem Wirt des Bahnhofslokals. „Seit einer Woche steht uns die reparierte Klosett-Tür im Weg, er wollte sie längst abgeholt haben. Na ja, er hatte bei der Prügelei in seiner Kneipe ja auch ganz schön einstecken müssen.“

Unvermittelt beendet sie das Gespräch. „Sie entschuldigen mich, wir haben viel zu tun. Vor Ostern muß sich hier noch einiges drehen. Von den Wagen da ist noch etliches abzuladen, die „Kreisbahn“ holt die in einer Stunde wieder ab. Und ich muß auch los zum Reckleben, dessen Knecht wartet auf das Wagenrad. – Zum dritten Mal dieses Jahr hat der den Wagen schon in die Kuhle gefahren. Also ich hätte den ja achtkantig …“ Und damit verabschiedet sich Frau Nabenfett und zieht mit ihrem polternden Einachser hinaus auf die Bommelner Chaussee.