Stück für Stück – und gut!

11. Januar 2016 / Eigenbericht. Nachdem wir unseren Lesern zuletzt ein verkehrstechnisches Kulturhäppchen aus Kleinklöten verabreichten, wollen wir heute seriös über die Mitarbeit der Waggon-Fabrik am LeiG-Programm der DRG weiterberichten.

Am Ende hatte es die DRG ziemlich eilig mit der Übernahme der Kleinklötener LeiG-Einheit. Unser Reporter konnte gerade noch einige Bilder schießen, bevor das Gefährt vom Hof gezogen wurde.

„Wir haben uns mächtig ins Zeug gelegt“, sagte der sichtlich nervöse Ingenieur August Wellfleisch bei der gestrigen Übergabe an die Vertreter des Berliner Eisenbahn-Zentralamtes. „Aber wenn Sie den Abholtermin eine Woche vorverlegen – zaubern können wir nun mal nicht.“ Der Werkstattleiter wirkte nicht recht glücklich und ließ am Rande den Kreisboten-Reporter wissen, daß nicht mal mehr Zeit war, die Schlußsignalhalter anzuschrauben. Selbige habe man den Herren aus Berlin nur noch eilig zur späteren Montage in die Hand drücken können; sie lägen nun im Packwagen. Immerhin habe man jedoch das Wesentliche geschafft. „Wir haben die zuvor merkwürdig spielzeughaft glänzenden Wagendächer noch neu eindecken und teeren sowie jeweils eine zweite Stufe unter den Wagentüren des ‘Dresden‘ anbringen können. Solche Kleinigkeiten erleichtern und beschleunigen unmerklich die Umschlagprozesse auf Zwischenstationen.“

Die Fensterrahmen verfügen nun auch ihren letzten hellen Anstrich, an den Chassis haben die Zug- und Stoßeinrichtungen ihre schwarze Farbe erhalten, und auch der Rahmen, in dem der Faltenbalg geführt wird, wurde diesem farblich angepaßt. An den Stirnseiten sind alle nötigen Rangiergriffe montiert. Auf die kritische Frage, warum man den Hinweisen externer Fachleute bezüglich der unter den Wagenböden hängenden Gaskessel nicht gefolgt sei, verwies Ing. Wellfleisch allerdings auf die konkreten Forderungen der Berliner Behörde sowie die Vielzahl der Bauvarianten. Vom Auftraggeber seien diese Kessel nach Vergleich mit einschlägigen Foto-Dokumenten denn auch anstandslos übernommen worden.

Weitaus wichtiger für die Betriebssicherheit, dies wollte er unseren Lesern unbedingt übermittelt wissen, sei die von ihm bereits angekündigte veränderte Kupplung beider Wagen. „Wir haben, wie Sie vielleicht auf den Bildern sehen können, die Deichsel verlängert und die Kulisse des Packwagens deutlich zur Wagenmitte hin versetzt.“ Es handele sich bei letzterer nicht mehr um das für seinen Geschmack viel zu wuchtige Original zutiefst sächsischer Herkunft, sondern um eines der renommierten Firma Horn.

Während die Lok heranrangierte – eine von der DRG für diesen Zweck gern eingesetzte, weil recht flinke BR 93 –, stellte der technische Leiter des Kleinklötener Waggon-Werks noch eine allseits lehrreiche Frage. „Wußten Sie, daß die Beladung dieser Bauart des Leicht-Güterzugs stets über den Packwagen erfolgt, die Entladung jedoch grundsätzlich über den Güterwagen?“ Just dies sei das Geheimnis dieser effektiven Versandoption. „Die Sendung wird am Bahnsteig vorn vom Zugführer übernommen, dann während der Fahrt papierseitig bearbeitet und dann in den hinteren Wagen transportiert. Dort werden die Sendungen so sortiert, daß die an der nächsten Station auszuladenden nach Möglichkeit nah an der Tür gelagert werden. Auf diese Weise dauern Halte oft nur wenige Minuten, und die Durchschnittsgeschwindigkeit eines Umlaufs erhöht sich in der Summe dramatisch.“ Die erst gestern auf die Wagenwände gemalte Aufschrift „Stückgut-Schnell-Verkehr“ hat demnach durchaus ihre Berechtigung.

Nach erfolgter Übernahme wurde die LeiG-Einheit schließlich an den Mitarbeitern sowie dem Kreisboten-Korrespondenten vorbei durchs Werkstor gezogen, woraufhin sie am Haken der schnellen preußischen Lok alsbald den Blicken entschwand.