Süßes aus unsrem Kreise

20. September 2011 / Eigenbericht.In letzter Zeit fallen aufmerksamen Beobachtern des Geschehens rund um die Güterabfertigungsanlagen der Stedelebener Kreisbahn (SKB) stets dienstags und donnerstags weiße und elfenbeinfarbene Waggons mit modernen, blau-goldenen Reklamedekors ins Auge. Ihr Kreisbote ging der Sache nach und konnte Interessantes aus dem Wirtschaftsleben unserer Heimatregion ermitteln.

Dem Vorstand der SKB zufolge handelt es sich um zweiachsige Wärmeschutzwagen, welche die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (DRG) üblicherweise dem Gattungsbezirk „Berlin“ zuordnet. Hier fallen sie jedoch als Privatwagen eines in Magdeburg ansässigen Unternehmens in den Gattungsbezirk „Magdeburg“. Dieser durch sein flaches Dach und das hochgesetzte Bremshaus recht elegant wirkende, den äußeren Formen der Verbandsbauart nach Musterblatt A2 nachempfundene Waggontyp bewähre sich bereits seit 1916 beim täglichen Transport von Gütern, die einer konstanten Temperatur bedürfen, um nicht zu verderben.

Der SKB-Lademeister erlaubte dem Korrespondenten freundlicherweise einen Blick in einen zufällig an der Laderampe stehenden Waggon. Als das übliche Schiebetor geöffnet wurde, erschien dahinter eine zweiflüglige hölzerne Tür, die zum eigentlichen Laderaum führt. Hieran wurde nicht zuletzt ersichtlich, daß der Waggon doppelte Wände zur Isolierung aufweist. Den Innenraum prägen Lattenroste zum Verstauen des Ladeguts. „Für den Transport von Schweine- und Rinderhälften gibt es auch Ausführungen mit Fleischhaken an den mit verzinktem Stahlblech beplankten Wänden“, erfuhr unser Reporter vom Stedelebener Lademeister. „Für die Be- und Entlüftung hat man drei Lüfter der Bauart Grove auf das Dach montiert.“ So ein Wagen müsse selbstverständlich regelmäßig gereinigt werden. Üblicherweise spritze man den Innenraum mit Seifenlauge aus; das Wasser könne durch eine unter dem Fußboden verborgene Drainage abfließen.

Wenn es indessen kein Fleisch ist, das in diesen Wagen transportiert wird, was dann? Auch diesbezüglich wurde unserer Redaktion Auskunft zuteil. Bekanntlich existiert in Stedeleben eine traditionsreiche alte Kakaomühle. Ihre Kapazität ist für heutige Verhältnisse nicht mehr hoch zu nennen, jedoch liefert sie spezielle Qualitäten, welche die Süßwarenfabrik Pflöger & Krause in Magdeburg-Alte Neustadt als Zusatzstoffe für ihre Edel-Schokoladen benötigt. Diese sind bekannt und beliebt unter dem Namen PORTOLA.

Der klangvolle Markenname PORTOLA ziert auch die besonders bei Kindern äußerst beliebten Tüten mit Weingummi, Gummibären und anderen hochwertigen Gelatineprodukten. Auf der Suche nach Zulieferern aus der Region stieß die Firmenleitung auf die Gelatinekocherei Alfred Kuhfuß Nachf. unweit von Großbommeln. Beide Firmen verfügen bedauerlicherweise über keinen Bahnanschluß und liefern darum ihre für Magdeburg bestimmte Ware – gemahlenen Kakao sowie gemahlene Trockengelatine –, in Säcken mittels Lastkraftwagen oder Pferdefuhrwerken bei den jeweiligen Güterabfertigungen an. Dort werden diese zweimal wöchentlich mit PORTOLA-eigenen Wagen abgeholt, deren Heimatbahnhof laut Aufschrift neben den Ladetoren Magdeburg-Neustadt ist. Ihre besondere Wirkung verleiht den vier hierfür abgestellten Waggons freilich die mehr oder weniger großflächige Reklame für das neueste PORTOLA-Spitzenprodukt, die Riegel-Schokolade „Amerika“, welche bereits auf der Magdeburger Messe „Stadt und Land“ höchste Anerkennung beim Fachpublikum fand.