Süßes wie Saures (1)

23. Februar 2016 / Eigenbericht. In einer Magdeburger Zeitung fand letztes Wochenende ein nicht näher spezifizierter „kleiner Kesselwagen aus Stedeleben“ Erwähnung. Der Verdacht, jener Wagen könne aus unserer Gegend stammen, führte Ihren Kreisboten ins Waggonwerk Kleinklöten.

Nein, so jedoch Oberingenieur August Wellfleisch, an so einen Wagen könne er sich nicht erinnern, der müsse lange vor seiner Zeit gebaut worden sein, vor der Jahrhundertwende, also vor mindestens 30 bis 40 Jahren. „Aber warten Sie mal, ich schaue mal im Archiv meiner Vorgänger nach.“

Als der Werkstattleiter nach einer halben Stunde wieder auftaucht, hat er eine staubige, vergilbte Mappe in der Hand. „Ich wußte gar nicht, daß so was noch hier herumschwirrt“, sagt er und schlägt den Deckel auf. „Kesselschmiede Kloeten“ steht darauf und „Säurewaggon 1891“. Das sei ja „Uralt-Lavendel“, staunt der Meister selbst. Wenn er nicht ganz falsch liege, war das wohl eine frühe Vorgängerfirma des heutigen Kleinklötener Werks. „Merkwürdig, es sind gar keine Zeichnungen in der Akte, nur einige nachkolorierte Photographien. Vielleicht war es nur eine Art Prototyp.“ Immerhin lasse sich die Ziffernreihe „1891“ als Baujahr deuten, wiewohl es sich dabei auch um die Auftragsnummer handeln könne. „Aber wie will man das nach so langer Zeit noch mit Sicherheit ermitteln?“

Trotzdem sind die Bilder recht aufschlußreich. Sie zeugen von einzelnen Baustufen. So waren die Kesselstirnwände offenbar angeflanscht, auf jeder Seite mit 32 Schrauben. Ein Schutzblech war mittig aufgenietet worden, wo der Kesseldom vorgesehen war. Das Mannloch hatte stolze 600 Millimeter Durchmesser, aber ein unterer Auslaufstutzen fehlt. „Ein Chemiekessel eben“, so Herr Wellfleisch, „von oben zu befüllen und auch zu entleeren.“

Der mit zwei Ventilen auf dem Scheitel sowie zwei inneren Schwallblechen, aber ohne Aufstiegsleitern ausgestattete Kessel wurde schließlich auf einem durchgehenden, genieteten Sattel fixiert. „Das war später so nicht mehr üblich.“

Das 3,50-Meter-Fahrwerk wurde noch mit einem preußischen Standardbremserhaus sowie Stangenpuffern ausgerüstet. „Kurios sind die Anschriftenträger. Anordnung und Größe entsprechen bereits den späteren Reichsbahn-Normen, andererseits folgten diese aber auch den preußischen Maßgaben. Ich meine, ähnliche Wagen auch schon mit deutlich kleineren Schildern gesehen zu haben, ich glaube, die Hoechster Farbwerke hatten solche im Bestand.“