Wo der Spaß aufhört

11. März 2012 / Eigenbericht. – Einige technisch interessierte Leser erkundigten sich nach unserem hier vor 14 Tagen erschienenen Beitrag über die Rekonstruktion dreiachsiger Stückgut-Waggons durch die Stedelebener Kreisbahn (SKB) an, ob denn weitere solche Aufträge dort in Arbeit seien und es auch davon Photographien zu sehen gebe. Ihr Heimatblatt schickte daraufhin seinen Photoreporter in die SKB-Ausbesserungswerkstatt.

Die neuesten Schnappschüsse vom Werksgelände veranschaulichen recht gut die Vorgehensweise der Kreisbahn-Fachleute anhand zweier im Rohaufbau befindlicher Waggons der Bauart „Hannover“. Sie benutzten noch erhaltene Wagenkastenteile alter, in diesem Falle ungarischer und tschechoslowakischer Altwagen, richteten diese in entsprechenden Abständen am Wagenboden aus und zogen dazwischen die für diese Bauart typischen langen Zwischenwände aus frischen Brettern ein. Danach stabilisierten sie, wie der Wagenmeister erklärte, den Wagenkasten, indem sie die Teile von innen abstützten und das neue, flachere Dach aufsetzten. Erst danach konnten die alten Lüftungsgitter ausgesägt und mit Brettern fest verschlossen bzw. am zweiten Wagenkastenfeld von rechts neue Lüftungslamellen eingesetzt werden.

 

 

Zu wertvoll für den Schrott:
BTTB-Altwagen

 

 

 
 

Auch die außen sichtbaren Anker für Haken und Befestigungsösen im Inneren der Wagen sind auf den Bildern gut zu erkennen. Neuanfertigungen stellen auch die verlängerten Führungsschienen der Wagentüren unter der Dachkante dar. Im Anschluß an all dies wurden noch vorhandene Lücken und Unsauberkeiten (die SKB bildet auch Lehrlinge aus, die noch nicht mit der gebotenen Ernsthaftigkeit zu Werke gehen) verspachtelt und verschliffen. Im weiteren bekamen die Aufbauten diverse Bohrungen – für die spätere Fixierung filigraner, neu anzufertigender Teile wie Tritte, Schlußscheibenhalter und Griffstangen.

Einen nicht zu unterschätzenden Aufwand stellen die Wagenunterteile dar. Daß es sich um gekürzte Untergestelle dreiachsiger Abteilwagen handelt, wurde hier bereits verschiedentlich erwähnt, und auch, daß neue Radsätze, Pufferbohlen und Kupplungskulissen zum Standard gehören, den der Auftraggeber, die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft, verlangt. Nicht mitgeteilt wurde jedoch, welche nervenaufreibende Aufgabe es darstellt, die Chassis mit neuen Aufstiegen zu versehen, die man, dem Lehrmeister zufolge, in Ermangelung spritzgegossener Originalteile erst aus in Form gebogenem Stahldraht und Polystyrol in einer Stärke von nicht mehr als 0,3 mm selber anfertigen müsse. „Einer davon ist ja noch in Ordnung, aber ab dem dritten oder vierten hört der Spaß für unsere Lehrlinge auf!“

   

 

 

Und schon rangiert eine kleine T3 die beiden Waggons gemeinsam mit einem schon fast fertigen Exemplar zurück in die Wagenhalle. „Gucken Sie mal genau hin“, zwinkert der Wagenmeister mit den Augen. „Alles, was an den Fahrzeugen nicht braun, grün oder schwarz ist, haben wir hier selber angefertigt.“ Was jetzt weiter damit geschehe? – „Als nächstes setzen wir die Bremserhäuser an die Stirnseiten, die aber noch verglast und mit Geländern versehen werden müssen. Fenster und Griffstangen liefert der Hersteller leider nicht mit.“ Über die Türen müßten schließlich noch die Regenrinnen montiert werden, und als letzte Teile vor der Überstellung in die Lackiererei würden die Halter für die Schlußscheiben angebaut. „Logisch eigentlich“, grinst der Wagenmeister und empfiehlt sich für heute.