Zwei Kessel, drei Achsen

14. März 2016 / Eigenbericht. Man sei ganz gerührt gewesen, als der Auftrag aus Magdeburg eintraf, gesteht August Wellfleisch, als der Kreisbote um technische Details zur Aufarbeitung des dreiachsigen Kesselwagens für die Oelfabrik Hubbe & Farenholtz bittet. Am Ende sei der Kunde dann aber auch zufrieden gewesen, so der Oberingenieur des Waggonwerks Kleinklöten, und es klingt nach gewissen … Schmierigkeiten.

Nein, er wolle da gar nicht ungerecht sein, so Wellfleisch. „Es ist nur manchmal so, daß man als Fachmann einen anderen Blick auf die technischen Dinge hat als der branchenfremde Kunde, da müssen Sie eben gemeinsam einen Mittelweg finden.“ Dann erzählt er, seinerzeit habe man Verschwiegenheit vereinbart, da der Wagen als kleiner Paukenschlag zur Grünen Woche geplant war.

„Natürlich hat uns das gereizt, der Rostlaube, die man uns auf den Hof geschoben hatte, ihre Würde zurückzugeben. Unsere Leute haben dann auch wirklich viel Liebe darauf verwendet.“ Dann holt er ein Album aus dem Schrank. „Wissen Sie, ich werde es Ihnen einfach anhand der Bilder erklären, die unser Hausfotograf von Zeit zu Zeit aufgenommen hat.“

Bild 1
Hier steht das von uns komplett zerlegte Chassis schon wieder provisorisch auf den Gleisen. Normalerweise geht der Rahmen durch, aber man müsse auf dem Messegeände durch besonders enge Gleisradien kommen, so die Herren von Hubbe & Farenholtz. Das schaffen Sie jedoch nicht mehr mit einem leichten Seitenspiel der Mittelachse. Wir schlugen eine Dreiteilung der Langträger vor, so daß sich der Mittelteil komplett wie eine Schublade bewegen läßt.

Bild 2
Auf diesem Bild ist diese „Schublade“ bereits montiert. Unser Glück war der Dreifach-Sattel für die beiden Behälter. Der mittlere, große Sattel war zum einen Garant für die spätere Stabilität des Fahrgestells und bot zum anderen genug Raum für die Aufhängung des mittleren Rahmenteils. In dieser Phase unternahmen wir nachts schon die ersten Probefahrten auf der Stedelebener Kreisbahn. Das war gar nicht so einfach, weil das Chassis ohne Kessel zu leicht und die Entgleisungsgefahr an Weichen und Radlenkern auf den engen Radien der SKB-Strecken extrem hoch war. Dieses ernste Problem lösten wir, indem wir schwere Kessel durch zwei schwere Nougat-Quader simulierten. Zwei mußten es schon deshalb sein, um alle Achsen gleichmäßig zu belasten. Entsprechende rot-weiße Warnschilder finden Sie übrigens an allen relevanten Reichsbahn-Wagen.

Bild 3
Das alte preußische Bremserhaus, das Sie auf diesem Bild sehen, stand schon seit langem wie ein Gespenst in unserem Lager. Der H&F-Auftrag war eine gute Gelegenheit, es wieder seinem ursprünglichen Zweck zuzuführen. Der angelieferte Schrottwagen hatte das seine längst eingebüßt, der letzte Betreiber hatte ihm lediglich eine luftige Bremserbühne zugestanden.