Zwei Kessel, drei Achsen (Fortsetzung, Teil 2)

15. März 2016 / Eigenbericht. – Schmierigkeiten aus dem Firmenarchiv des Waggon-Werkes, Bekundungen des Oberingenieurs August Wellfleisch

Nun denken Sie aber nicht, daß die Sache damit ausgestanden gewesen wäre. Mitnichten!

Bei der nächsten Visite in Kleinklöten brachte der Vertreter der H&F-Geschäftsleitung den Leiter der Abteilung Werbung und Messen mit, einen am Bauhaus zu Dessau geschulten Gebrauchsgrafiker. Die Grüne Woche rückte schließlich näher und er wollte sich einen Eindruck von den Dimensionen und der Formensprache des Objekts verschaffen. Form, Farbe und Funktion müßten am Ende eine logische Einheit zu bilden, erklärte er uns, um optimale Wirkung zu erzielen. Dann nahmen wir ihn mit in die Werkhalle, in der „sein“ Wagen stand, und er schlug die Hände vors Gesicht.

Hier sehen Sie vier Aufnahmen vom damaligen Zustand des Wagens. Das alte Bremserhaus hatten wir zugunsten eines heute üblichen ersetzt, alles hatte tadellos funktioniert. Gerade auch den Kontrast des warmen Brauntons zu den gelben Behältern fanden unsere Arbeiter besonders schön. Und wenn ich mir das erlauben darf: Mir selbst gefiel die Kompaktheit und Dynamik, die der Waggon damit ausstrahlte.

Das sah der Ästhet aus Magdeburg natürlich ganz anders, wobei ich nichts gegen die Kunst sagen will. Der Mann hatte da bestimmt mehr Ahnung als ich. „Der Waggon soll keine Werbung für Rennautos machen“, belehrte er uns, „sondern für leichte vegetabilische Öl- und Fetterzeugnisse.“ Und dafür wirke diese Konstruktion nun bei weitem zu schwer. Außerdem könne es sich bei dem Gelb der Kessel des Eindrucks nicht erwehren, daß daran mal eine rote Muschel Mineralöl beworben habe. Die Farbe der Saison sei Grün, Grün wie Grüne Woche! Dem mußten wir uns notgedrungen fügen, wie das letzte Bild zeigt, das nach dem Umlackieren der Behälter entstand. Ehrlicherweise muß ich gestehen, daß der angewandte Künstler letztlich nicht so unrecht hatte.

Abgesehen davon zeigen die Photographien nochmals technische Details aus verschiedenen Perspektiven. Hinweisen darf ich auf die inzwischen angebrachten Auslaßrohre mit ihren filigranen Stützstreben sowie die Aufstiegsleitern zur Bedienerbühne. Noch ist bei genauem Hinsehen auch die saubere Arbeit unserer Kesselflicker zu entdecken oder das Bühnengeländer an dem Wagenende ohne Handbremse.