Sack & Pack (1)

19. Oktober 2015 / Eigenbericht.Bekanntlich mangelt es bei der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft (DRG) an Personal- und Packwagen für den Güter- und gemischten Verkehr. Auf den Magistralen hat sich die Lage mit der Nachproduktion des Pg pr. 14 sowie der Einführung des auf ihm basierenden modernisierten Pwg im Jahre 1923 zwar leicht entspannt, nicht aber auf Nebenstrecken.

Das Eisenbahn-Zentralamt hat darum alle in Frage kommenden Anstalten und Dienststellen ersucht, Alt-Wagen zu reaktivieren. Neben dem Stendaler Sachsenwerk meldete sich lediglich eine weitere provinzial-sächsische Fabrik: das Waggonwerk Kleinklöten. Man habe da noch ein geeignetes Exemplar …

Im Werk konnte sich nämlich ein betagter Mitarbeiter noch eines vor langem als Ersatzteilspender geborgenen Unfall-Waggons entsinnen, gebaut in den 1890ern. Man hatte ihn damals zerlegt und die noch brauchbaren Baugruppen eingelagert. Das Zweiachsfahrwerk war bald ans Sachsenwerk verkauft worden, und auch einzelne Wagenkasten-Segmente erwiesen sich als nicht mehr auffindbar. Bei letzteren kann man heute auf zum Glück passende Restteile dänischer Bierwaggons zurückgreifen. „Sie wissen ja, daß wir davon eine stattliche Zahl umgebaut haben“, so der Ingenieur August Wellfleisch. „Da ist viel übriggeblieben, das hier seither bloß herumsteht. Schauen Sie mal.“

Schon stehen wir vor dem Stirnsegment eines der besagten Wagen. „Das Fenster kommt da weg, da muß eine Tür rein. Der aufzuarbeitende Wagen braucht ein Zugführerabteil mit Bühneneingang.“

Bühneneingang – wie beim Theater. Im Weitergehen stolpert der Reporter über eine große Tür. „Vorsicht, die zweite liegt auch irgendwo oder wird schon repariert“, warnt der Werkstattleiter. Die Türen seien derart festgerostet gewesen, man habe sie buchstäblich aus dem Wagen heraussägen müssen. Derweil setzt der Kran einen Wagenkasten mit Dach, aber ohne Stirnwände ab. „Der wird morgen früh passend gemacht“, läßt sich Herr Wellfleisch vernehmen. Am Ende werde der Wagen sieben Seitenfelder nebst gleichlanger Bühne haben, dazwischen auf jeder Seite ein Schiebetor von 1500 mm Breite. „Ach, da ist ja die zweite Tür – schon fast fertig!“

Die war doch ursprünglich viel stärker? „Ja, aber das ging so nicht. Keine Ahnung, warum die Dänen so starke Türen eingebaut haben, wird doch nur unnötig schwer. Vielleicht war es ja wegen des Biers“, lacht er. Apropos Bier: Jetzt sei erstmal Feierabend. „Kommen Sie in ein paar Tagen wieder, dann ist der Wagenkasten rohbaufertig.“